Eine Geschichte im Park
Vorlesezeit: ca. 20 Minuten
Der Frühling zeigte sich von seiner herrlichsten Seite, als das zarte Gezwitscher der Vögel die milde Luft durchdrang und sanft verblassende Wolken ein Muster an den Himmel malten. Ich schlenderte durch den Park, den ich aus meiner Kindheit gut kannte. Die Bänke waren von der Frühlingssonne angenehm aufgewärmt, und der Duft frisch erblühter Blumen erfüllte die Luft.
An diesem Tag verlockte mich etwas dazu, mich auf eine lose Bank zu setzen, die augenscheinlich von den Menschen übersehen wurde. Neben mir ließ sich ein alter Mann nieder, sein Gesicht von tiefen Linien geprägt, die Geschichten vergangener Tage erzählten.
Sein Hund, ein sanfter, alter Mischling, legte sich zu seinen Füßen, während der Mann einen mitgebrachten Beutel öffnete und etwas Brot herausnahm, das er genüsslich an die herannahenden Enten verfütterte.
“Es ist ein schöner Tag,” bemerkte er beiläufig, während seine Augen aufmerksam den vollen Teich überblickten.
“Ja, das ist es,” stimmte ich zu, ermutigt durch die Einfachheit der Worte und erfasst von einer seltsamen Ruhe, die von ihm auszugehen schien.
Wir saßen eine Weile schweigend da, bis er unerwartet zu erzählen begann. Geschichten von seinen Kindheitstagen, gefüllt mit Lausbubenstreichen und unbeschwerten Sommern. Er erzählte von seiner Jugend – Reisen in ferne Länder und die Schwierigkeiten, die das Leben unweigerlich mit sich bringt.
Seine Stimme war ruhig und gleichmäßig, Erinnerungen, die fast wie ein stilles Gebet ins Dasein träumten. Ich erfuhr von einer Affäre, die im Wiederschein der Jugend ebenso stürmisch wie vergänglich war. “Vielleicht waren es die besten Tage meines Lebens”, lachte er bitter und kraulte den Hund, der träge neben ihm lag, am Ohr.
Im Schatten seiner Erzählungen bemerkte ich, wie sich meine Sicht auf das Leben subtil verschob. Ich wurde mir der vielen Fäden, aus denen mein bisheriges Leben gewoben war, bewusst – der Zufälle, Verluste und der stille Strom der Zeit.
“Manchmal,” fuhr er fort, “glaubt man, das Leben sei bereits gewoben, doch es ist die Kunst, aus den zufälligen Fäden, die es einem zuspielt, ein eigenes Muster zu gestalten.”
Ich nickte, während seine Worte ein Echo in mir erzeugten. Meine Gedanken schweiften zu den geplatzten Träumen und Weinachten der Vergangenheit, zu den sanften Wonnen, an die ich kaum noch dachte, und den verlorenen Personen, deren Einfluss ich erst jetzt zu erkennen begann.
“Das Wichtigste,” sagte er zum Schluss, “ist, gelernt zu haben, gelassen zu bleiben und die Ruhe zu finden, die inmitten der Stille liegt.”
Die Sonne neigte sich, zeichnete goldene Streifen auf die Parkwege, als wir beschlossen, unserer Wege zu gehen. Ich verabschiedete mich und ging den Pfad zurück, den ich gekommen war.
Als ich zurückblickte, sah ich ihn noch immer auf der Bank sitzen, seinen Hund an der Seite. Eine Gestalt, die in der Dämmerung verblasste, aber deren Worte in mir widerhallten, fest verankert, wie ein leiser Gedanke, der unbeschwert trudelt und dabei tiefe Bahnen in der Seele zieht.
Diese zufällige Begegnung auf der Parkbank – eine Unscheinbarkeit für Außenstehende – schien doch ein Moment des Unterrichts, der Zufälligkeit und Ruhe in meine Tage zu bringen. Mit einem sanften Seufzen in den milden Abendhauch neigte ich das Haupt voller Dankbarkeit für die einfache Begegnung: Als Lehrmeister war das Leben selbst oft verdeckt, doch in solch einem Moment zeigte es sich klar und einfach.




