Ein Fenster zum Morgen
Vorlesezeit: ca. 20 Minuten
Ich schritt hinaus auf den kleinen Balkon, der als mein persönlicher Aussichtspunkt diente. Der Winter hatte ihn mit einer sanften Decke aus Schnee überzogen, die unter meinen Füßen knirschte. Trotz der Kälte verspürte ich ein vertrautes Kribbeln, das mich an längst vergangene Zeiten erinnerte, als Träume die Luft erfüllten.
Vor mir erstreckte sich die silberne Skyline der Stadt, im pochenden Rhythmus des erwachenden Tages. Der Wind wehte eine Prise eisigen Neuanfangs von den Bergen herüber, während der Morgenhimmel, von dem noch zarten Licht der aufgehenden Sonne beleuchtet, in Pastelltönen schimmerte. Ich lehnte mich über das Geländer und schloss die Augen, spürte die Kälte in meinen Lungen, wie sie den Stillstand der Zeit durchbrach.
In der Ferne hörte ich die ersten Stadtgeräusche, aber es war der stille, ewige Tanz des Lichts, der meine Gedanken in die Vergangenheit führte. Damals, als ich in dieser Stadt anfing, hatte ich große Hoffnungen und noch größere Träume. Was ist aus ihnen geworden?
Erinnerungen flossen zurück. Ich sah mich als junger Mensch, voller Eifer und unbändiger Energie, bereit, die Welt zu erobern. Jede Herausforderung war eine Gelegenheit, jeder Rückschlag ein Lehrmeister. Doch das Leben, so wusste ich heute, ist kein gerader Pfad.
“Manchmal entfaltet sich das Leben langsamer”, sagte einst ein älterer Kollege, dessen Weisheit ich damals unterschätzte. Jetzt, viele Winter später, verstand ich seine Worte.
“Träume altern nicht”, flüsterte ich, als die ersten Sonnenstrahlen über die Dächer krochen, die Stadt in ein goldenes Licht tauchend.
Das Gefühl von Wärme breitete sich in meiner Brust aus, als ich spürte, wie der Zauber in mir neu erwachte. Auch wenn die Wege des Lebens windig waren, Träume blieben beständig, wie Sterne am Nachthimmel. Ich musste sie nur erneut ins Licht führen.
Es war dieser Moment der Erkenntnis, der ein Gefühl von Frieden mit sich brachte. Ich öffnete meine Augen und sah den Tag mit anderen Sicht. Mit Hoffnung und dem leisen Versprechen, dass Veränderung möglich war. Ein neuer Anfang. Der Himmel versprach einen klaren, blauen Tag und mein Herz fühlte sich ebenso weit und offen an.
Während die Sonne vollends über den Horizont stieg, entschied ich, dass dieser Wintermorgen mehr als nur ein weiterer Tag sein würde. Dies war der Morgen, an dem ich die Stille in mir verstand und die Melodie meines Herzens hörte. Sie spielte von Chancen, die nie wirklich verloren gehen, sondern nur darauf warteten, ergriffen zu werden.
Als ich mich umdrehte, den Schnee von den Schuhen klopfte und zurück ins warme Innere meiner Wohnung ging, war der Tag, der vor mir lag, voller Möglichkeiten. Der kalte Wind schmiegte sich ein letztes Mal an meine Haut, als wollte er mich an den Wandel erinnern. Ich lächelte – es war Zeit, meinen größten Traum aus den Schatten zu holen und ihn endlich zum Blühen zu bringen.
“Auf geht’s,” murmelte ich und der Raum hallte wider von diesem sanften Echo. Trotz des nahenden Alltags, lauerten die Träume in jedem Winkel des Zimmers, bereit, mich erneut zu erheben. Träume altern nicht, das versprach ich mir selbst, und mit einem Schmunzeln begann ich, Pläne zu schmieden, die bereits lange in meiner Seele schlummerten.
Als sich der Tag zu neigen begann, wusste ich, dass dies erst der Anfang war. Der Anfang eines Weges, den ich mit Hoffnung beschreiten wollte – Schritt für Schritt, im sanften Licht dieses unendlichen Morgens.




