Lichter unter Schnee
Vorlesezeit: ca. 20 Minuten
Die Kälte kroch Laura in das Gesicht, während sie durch den dicht fallenden Schnee stapfte, der sich wie ein weißer Teppich auf dem Kopfsteinpflaster des Weihnachtsmarkts ausbreitete. Um sie herum schwirrten Stimmen, Lachen und der verführerische Duft von Gebäck und Glühwein. Jeder Stand war ein kleines Wunderland aus Lichtern und liebevoll dekorierten Waren.
Laura zog ihren Schal fester um den Hals und ließ ihren Blick über die funkelnden Lichterketten schweifen, die den Himmel wie eine schimmernde Decke verzierten. Ihre Füße trugen sie ziellos durch die Reihen der Stände, an denen handgefertigter Schmuck, filigrane Weihnachtsdekorationen und dampfendes Gebäck angeboten wurden.
Als sie den Stand der Verkäuferin Mia erreichte, blieb sie stehen. Töpferwaren in allen Formen und Farben zogen sie magisch an. Mia, eine junge Frau mit lebhaften Augen und einem ansteckenden Lächeln, sprach sie freundlich an. “Willkommen! Kann ich Ihnen etwas Besonderes zeigen?”
Laura zeigte auf eine in sanftem Blau gehaltene Tasse mit eingravierten Schneeflocken. “Die ist wunderschön”, sagte sie leise und strich mit den Fingern über die glatte Oberfläche.
Mia nickte begeistert. “Selbstgemacht. Jedes Stück ein Unikat.”
Laura spürte eine Wärme, die nicht nur von den Heizstrahlern des Stands kam. “Ich nehme sie.”
Während Laura ihre neue Lieblingstasse einpacken ließ, fiel ihr Blick auf einen jungen Mann, der mit einem Strahlen im Gesicht an einem Stand mit Lichterketten hantierte. Sein Name war Jonas, das entnahm sie einem kleinen Namensschild, das an seinem dunkelblauen Schal befestigt war.
Laura wusste nicht, warum ausgerechnet dieser Moment ihr Herz höherschlagen ließ, aber es war, als fielen alle Geräusche in dem geschäftigen Treiben um sie herum leiser, während Jonas ihr ins Auge fiel. Auch er schien den Schneefall zu genießen, stand ganz in Gedanken vertieft, als er das Licht der Ketten anhängte.
Mia bemerkte den Blickwechsel. “Jonas ist ein netter Kerl. Er hilft jedes Jahr aus. Der ganze Stadtteil wartet förmlich auf ihn und seinen Lichterstand.”
Laura lächelte. “Er sieht aus, als gehöre er hierher, mitten ins Licht.”
Als Laura weiterging, verließen ihre Gedanken den jungen Mann nicht. Sie setzte ihren Weg fort, um die Atmosphäre des Markts zu genießen, in einer Mischung aus Gerüchen und Lächeln fremder Menschen.
Am Glühweinstand nahm sie einen heißen Becher entgegen, dankbar für die Wärme, die sich durch ihre kalten Hände zog. Während sie vorsichtig nippte, fiel ihr Blick erneut auf Jonas. Er lachte mit einem Kollegen und hob einen Karton voller weiterer Lichterketten aus dem Wagen.
Eine Weile später sah sie ihn näher kommen, während im Hintergrund leise Weihnachtslieder erklangen. “Hast du dir deine neue Tasse ausgesucht?”, fragte er mit einem freundlichen Lächeln und erkannte sie sofort von Mias Stand.
“Ja, sie sprach mich einfach an. Wie diese ganzen Lichter hier”, antwortete Laura und wusste, dass ihre Stimme einen etwas träumerischen Klang hatte.
Jonas musterte sie neugierig. “Ja, die Lichter hier sind etwas Besonderes, nicht wahr? Sie haben etwas Magisches, vor allem, wenn man im Schnee steht.”
Laura fühlte ihre Wange warm werden, wohl teils vom Glühwein, teils von der Aufmerksamkeit des charmanten Fremden. “Es fühlt sich an, als wärme etwas anderes als nur der Glühwein mein Herz.”
Jonas machte einen kleinen Schritt näher, fast unmerklich, und hielt eine frisch umwickelte Lichterkette in der Hand. “Vielleicht liegt es am Glanz der Menschen um dich herum, nicht nur an den Lichtern?”
Laura lächelte. “Vielleicht”. Ihre Blicke trafen sich, und für einen langen Augenblick war alles, was man hörte, der leise fallende Schnee, der sie umgab.
Gemeinsam schlenderten sie über den Markt, redeten über die ersten Schneetage ihrer Kindheit und wie jede Jahreszeit ihren eigenen Zauber habe. Oftmals hielt Jonas inne, um seine Lichter zu arrangieren und sicherzustellen, dass sie perfekt leuchteten.
Für Laura schien der Markt wie verzaubert. Die Stunden vergingen und wie auf Zauberei fand sie sich an Jonas’ Seite wieder, als die Marktlichter leise gedimmt wurden. Der Heimweg rückte näher und mit ihm die Frage, wie man solche Momente der Verbundenheit festhalten könnte.
Als Abschiedsgeste gab Jonas ihr eine der Lichterketten, die er so sorgfältig geprüft hatte. “Die sind nicht nur dafür da, die Nächte zu erhellen, sondern auch die Momente dazwischen”, sagte er mit einem warmen Lächeln.
Laura nahm sie dankend an und versprach, die Lichter bei sich zu Hause aufzuhängen, vielleicht in einem Fenster, wo sie die dunkle Jahreszeit erhellen würden.
Jonas ging in die entgegengesetzte Richtung, aber something in Lauras Herz war verändert. Ein Lächeln begleitete sie auf dem ganzen Rückweg und die Lichter, die Jonas ihr geschenkt hatte, würde sie sanft daran erinnern, dass selbst unter schnell auftauten Schichten von Schnee Wärme finden konnte.
In dieser Nacht brannten die kleinen Glühbirnen warm und behaglich in ihrem Wohnzimmer, und der Schein fiel auf die kleine Tasse mit den Schneeflocken, die sie zusammen mit einem süßen Gedanken an Jonas ins Licht gestellt hatte.
Der Winter, so dachte Laura, würde diesmal ein wenig heller sein.




