Tim und das Geheimnis des alten Leuchtturms
Vorlesezeit: ca. 12 Minuten
Es war eine warme Sommernacht an der Küste. Die sanfte Brise trug den salzigen Duft des Meeres durch die Luft, und die Wellen rauschten leise an die Felsen der Klippen. Tim und Mara saßen nebeneinander auf ihrem Lieblingsfels und beobachteten die Sterne. Der alte Leuchtturm auf der höchsten Spitze der Klippen schien still vor sich hin zu leuchten.
„Schau, Mara“, flüsterte Tim und deutete auf das helle Licht des Leuchtturms. „Glaubst du, dass es dort wirklich spukt?“
Mara grinste im Mondlicht und schüttelte den Kopf. „Ach, das erzählen doch nur die alten Geschichten. Aber spannend wäre es schon, auf Entdeckungstour zu gehen.“
Kaum hatte Mara den Satz beendet, begann das Licht des Leuchtturms in einem seltsamen Rhythmus aufzublinken. Es war, als ob es in geheimnisvollen Zeichen zu ihnen sprach.
„Hast du das gesehen?“ fragte Tim aufgeregt. „Vielleicht ist das ein Signal!“
Mara nickte mit großen Augen. „Wir müssen herausfinden, was das bedeutet!“ Sie standen auf und liefen den schmalen Pfad hinauf zur Spitze der Klippen, immer dem Flackern des Lichts folgend. Der Weg war holprig, und sie mussten darauf achten, nicht im Unebenen stolpern. Bald hörten sie das kreischende Gelächter der Möwen, die über ihren Köpfen kreisten.
Oben angekommen, atmeten sie schwer. Direkt vor ihnen erhob sich der mächtige Leuchtturm, dessen Lichtkegel suchend über das Meer glitt.
„Herein mit euch!“, rief eine raue, aber freundliche Stimme aus der Tür. „Diese Nacht ist voller Überraschungen für die, die sich trauen.“ Es war Kapitän Nils, der Wächter des Leuchtturms. Er war ein alter Mann mit einem Bart, der aussah wie Seetang und Augen, die wie funkelnde Sterne leuchteten.
Mara und Tim traten neugierig ein. Drinnen war es warm und roch nach Pfefferminztee. An den Wänden hingen alte Seekarten und Bilder von sturmgepeitschten Meeren.
„Kommt mit, ihr beiden Abenteurer“, sagte Kapitän Nils lächelnd. „Ich zeige euch das Herz des Leuchtturms.“
Gemeinsam stiegen sie die steile Wendeltreppe hinauf, die leise knarrte und unter ihren Füßen vibrierte. Oben angekommen, standen sie staunend vor einem großen, schimmernden Prisma.
„Das ist der Grund für unser nächtliches Schauspiel“, erklärte Kapitän Nils und legte eine Hand auf die glänzenden Facetten des Prismas. „Manchmal, wenn der Mond genau richtig steht, fängt das Prisma das Licht ein und sendet es als ein Morse-Signal hinaus aufs Meer.“
„Aber warum?“, fragte Tim neugierig.
„Man sagt, dass man damit verlorene Seelen nach Hause führen kann“, antwortete Kapitän Nils und zwinkerte ihnen schelmisch zu.
Mara und Tim schauten sich an. Sie fühlten sich wie die Helden einer geheimen Mission. „Können wir das Signal auch senden?“ fragte Mara mutig.
Kapitän Nils lachte herzlich. „Natürlich, jeder kann ein Lichtsignal der Hoffnung senden.“
Und so drehten die Kinder am alten Rad des Leuchtturms, und das Licht begann, in einer neuen Melodie zu spielen. Sie fühlten sich verbunden mit der ganzen Welt, verbunden durch das Licht und die Dunkelheit.
Als sie schließlich den Leuchtturm verließen, war der Himmel bereits vom ersten Licht des Morgens erhellt. Die Möwen schliefen nun still und die Luft war kühl und frisch.
„Das war ein Abenteuer, das wir nie vergessen werden“, sagte Mara und Tim stimmte zu. Hand in Hand machten sie sich auf den Heimweg, der in der goldenen Morgensonne lag.
Eingehüllt in die warme Dämmerung fühlten sich Tim und Mara wie echte Abenteurer. Sie wussten, dass die Welt voller Wunder war, bereit, entdeckt zu werden.
Der alte Leuchtturm blitzte noch einmal auf, als wollte er ihnen zum Abschied winken. Und die Freunde gingen fröhlich nach Hause, bereit für das nächste Abenteuer, das der Sommer mit sich bringen würde.




