Der Wichtelbrief im Schneeschuh
Es war ein kalter, verschneiter Winterabend. Der Wind heulte leise um die Hausecken, während drinnen warme Lichter das rot-blaue Muster im Teppich des Hausflurs freundlich anstrahlten. Ben und seine Schwester Leni standen an der Garderobe, um ihre Stiefel für den morgigen Spaziergang herauszulegen. Der Duft von heißem Kakao stieg aus der Küche zu ihnen herüber.
Plötzlich stutzte Leni. “Ben, sieh mal! Da steckt etwas in deinem Schneeschuh!” rief sie aufgeregt.
Ben kramte neugierig mit seiner kleinen Hand in den tiefen Schuh und zog einen winzigen Brief hervor, der mit einer roten Schnur umwickelt war. Auf dem Umschlag stand in schwungvoller Schrift: “An Ben und Leni.”
“Lasst uns das im Wohnzimmer öffnen”, schlug Leni vor, während sie ihren Bruder an der Hand nahm. Gemeinsam huschten sie in das warme Licht des Raums, wo der Christbaum in funkelnden Farben leuchtete.
Vorsichtig löste Ben die Schnur und faltete das Papier auf. “Liebe Ben und Leni”, begann er vorzulesen, “ich bin Wichtel Nori. Mein Schlitten steckt im Schnee fest, müsste dringend befreit werden. Doch ich bin zu klein, um es allein zu schaffen. Könnt ihr mir helfen? Eure Nori.”
Ben und Leni sahen sich mit großen Augen an. Ein Wichtel! In ihrem Garten! Das musste etwas ganz Besonderes sein.
Kaum hatten sie den Brief gelesen, hörten sie ein leises Glöckchenklingen von draußen. Schnell schlüpften sie in ihre Jacken, Mützen und – diesmal ohne den Brief darin – ihre Schneeschuhe. Der verschneite Gehweg knirschte unter ihren Schritten, während die kalte Winterluft ihre Wangen rot färbte.
“Leni, meinst du, wir finden ihn?” fragte Ben leise, während sie durch den funkelnden Schnee stapften.
“Bestimmt”, antwortete Leni zuversichtlich, und deutete auf eine kleine Spur im Schnee. “Da sind irgendwelche Spuren – die könnten von Noris Schlitten sein.”
Sie folgten den Spuren bis zu einem kleinen Tannenbaum am Ende des Gartens. Dort war tatsächlich der winzige Schlitten des Wichtels halb im Schnee vergraben.
“Schau, da ist er!” flüsterte Leni, während sie die winzigen Glöckchen des Schlittens zögerlich berührte.
Gemeinsam schaufelten sie den leichten Pulverschnee mit behandschuhten Händen zur Seite. Und mit einem letzten kräftigen Ruck war Noris Schlitten endlich frei.
Eine winzige Gestalt mit einem roten Käppchen tauchte plötzlich aus dem Schatten des Tannenbaums auf. „Vielen Dank, meine lieben Freunde!“, piepste Wichtel Nori. Sein Gesicht war voller Freude.
Ben und Leni strahlten, und ihre Herzen waren warm, trotz der kühlen Nacht. „Frohe Weihnachten, Nori!“, riefen sie ihm nach, als der Wichtel mit seinem Schlitten davonhuschte.
Zurück im Hauseingang tankten Ben und Leni in der Wärme des Flurs nach dem magischen Abenteuer neue Energie. Alleine die Vorstellung, einem Wichtel getroffen zu haben, erfüllte sie mit Vorfreude auf das bevorstehende Weihnachtsfest.
„Weißt du, Ben“, sagte Leni plötzlich, während der Geruch von Plätzchen sie umhüllte, „kleine Taten machen ein großes Fest. So wie heute.“
Ben nickte zufrieden. Und während die Nacht friedlich über ihnen lag, fühlten sie sich geborgen, als wären sie Teil eines wunderbar geheimnisvollen Wunders. Sie kuschelten sich auf das Ledersofa und lauschten dem fernen Glockenklang, der noch immer leise in der Ferne widerhallte.




