Der letzte Platz im Krippenspiel
Im kleinen Dorf St. Wolfgang lag eine dicke Schicht Schnee auf den Dächern, und der kalte Wind ließ die Kirchenglocken leise klingeln. Der Kirchhof war bezaubernd mit glitzerndem Schnee bedeckt, und drinnen in der Dorfkirche war es warm und einladend. Dort fanden die Proben zum großen Krippenspiel statt.
Mira, ein quirliges Mädchen mit blondem Haar, hüpfte aufgeregt in den Proberaum. Ihr bester Freund Jonah, eher ruhig und mit einer Vorliebe für Geschichten, folgte ihr etwas gemächlicher. Beide waren schon gespannt, welche Rolle sie diesmal spielen würden.
„All die vertrauten Gerüche nach Tannengrün und Kerzenwachs“, seufzte Jonah zufrieden. Sie nahmen Platz, während Frau Berg, die liebevolle Chorleiterin, begann, die Rollen zu verteilen.
Die Dorfkirche war gefüllt mit Kinderstimmen, die miteinander flüsterten und kicherten, während Frau Berg mit ihrer sanften Stimme erklärte: „Dieses Jahr wird das Krippenspiel ganz besonders. Deshalb sind alle Rollen wichtig!“
Mira und Jonah tauschten einen Blick aus. Mira hoffte, ein Engel zu werden, der im Himmelsglanz erstrahlt, während Jonah sich insgeheim wünschte, einfach nur dabei zu sein.
Als die Namen und Rollen verkündet wurden, flog Miras Hand begeistert in die Luft, als sie erfuhr, dass sie der Engel der Verkündung sein würde. Jonah jedoch wartete geduldig. Alle Rollen schienen schon verteilt, und Frau Berg schaute suchend durch die kleine Gruppe.
„Jonah, ich habe noch einen ganz besonderen Platz für dich“, sagte sie schließlich mit einem warmen Lächeln. „Du bist der Stern, der den Heiligen Drei Königen den Weg zeigt.“
Etwas überrascht und aufgeregt zugleich erinnerte Jonah sich, wie viel ihm diese Rolle bedeutete. Der Stern war zwar nicht immer sichtbar, aber ohne ihn würden die Könige den Weg nicht finden. Mira zwinkerte ihrem Freund aufmunternd zu.
Nach der Probe blieben Jonah und Mira noch eine Weile auf dem verschneiten Kirchhof. Ihre Atemwolken stiegen in die kalte Abendluft, und sie spielten Fangen im knirschenden Schnee, der unter ihren Füßen sank. Frau Berg trat nach draußen, zog ihren Schal enger um den Hals und lächelte den beiden zu.
„Habt ihr gesehen, wie schön die Sterne heute Abend leuchten?“, fragte sie und zeigte gen Himmel. Jonah spürte eine tiefe Wärme in sich aufsteigen, obwohl die Nacht kühl war.
„Ja“, sagte er leise, „und keiner funkelt wie der andere.“
Frau Berg nickte. „Genau wie jeder von euch einzigartig ist und das Krippenspiel nur durch euch alle vollständig wird.“
Mira legte einen Arm um Jonah. „Siehst du, du bist ein wunderbarer Stern, Jonah!“
Der Abend klang ruhig aus, als der Schnee leise auf die Dächer fiel und die Kirchenklocken zur Abendmesse riefen. Jonah und Mira gingen Hand in Hand, voller Vorfreude auf das kommende Krippenspiel. Das Herz voller Geborgenheit, spürten sie, dass es wirklich jede Rolle braucht, um eine Geschichte vollständig zu machen.




