Das rote Licht hinter dem Vorhang
Noah lag in seinem Bett und lauschte dem sanften Ticken der Wanduhr. Das Zimmer war dunkel, nur die Straßenlaterne draußen spendete ein warmes, orangenes Licht, das durch den halb geöffneten Vorhang schimmerte. Der winterliche Wind draußen machte ein sanftes Wuuusch-Geräusch, während es draußen leicht zu schneien begann. Er zog die Decke bis zum Kinn hoch und hörte im Hintergrund das leise Plätschern der Kirchenglocken.
Seit Emma, seine neue Baby Schwester, da war, kam es ihm manchmal so vor, als wäre er unsichtbar geworden. Sie war so klein und alle fanden sie so entzückend. Mama sang ihr jetzt ein Schlaflied im anderen Zimmer vor, ihr weiches Summen hörte sich wie das Rauschen des Meeres an.
Noah drehte sich auf die Seite und schaute auf den Vorhang. Dahinter fiel ein rotes Licht in kurvenreichen Wellen in sein Schlafzimmer. Er dachte an Weihnachten, an die Wärme der Kerzen und das heimelige Gefühl, wenn der Schnee vor den Fenstern tanzt.
Noah! Hörst du die Glocken? Sie singen wie du!
Noah schloss die Augen und stellte sich die Glocken als kleine Sänger vor, die ihre Mützen in rhythmischem Takt schwangen.
Plötzlich knarrte die Tür und Papas Gesicht erschien im Lichtstrahl. „Na, mein großer Schatz“, flüsterte er, „kriegst du kein Auge zu?“
Noah zuckte mit den Schultern. „Ich hab das rote Licht gesehen“, murmelte er und zeigte auf den Vorhang.
Papa lächelte und kam näher. „Ach, dieses besondere Licht“, sagte er und setzte sich auf die Bettkante. „Wollen wir mal hineinschauen?“ Gemeinsam drückten sie sich ans Fenster und schoben den Vorhang ein wenig zur Seite.
Da stand die Laterne, umringt von Schneeflocken, die in den abenteuerlichsten Farben glitzerten. „Weißt du, was ich glaube, Noah?“ fragte Papa. „Wenn das rote Licht scheint, bringt es ganz viel Liebe mit sich. Und Liebe wird immer mehr, je mehr man sie teilt.“
Noah dachte daran, wenn er und Emma in ein paar Jahren zusammen spielen würden, und lächelte ein wenig. „Ja, Papa“, flüsterte Noah, „ich glaube, du hast recht.“
Papa küsste ihm die Stirn. „Mach die Augen zu und träume vom roten Licht, das alles wärmt. Morgen wird ein schöner Tag, das verspreche ich dir.“
Noah schloss zufrieden die Augen. Er hörte Papas sanfte Schritte, die das Zimmer verließen, und komplett in die Winterstille übergingen. In seinem Inneren breitete sich eine wohlige Wärme aus, und er wusste, dass alles gut war. Auch wenn Emma klein und neu war, fand er neben ihr immer noch seinen Platz.
Das letzte Geräusch, das er hörte, bevor er in den Schlaf glitt, war das sanfte Wiegen des roten Lichts, das ihm versicherte, dass die Liebe nur größer gespannt war – eine stille Umarmung, die ihn sachte in den Schlaf wiegte.
Noah träumte von einem fröhlichen Weihnachtsfest, umringt von seiner Familie und dem roten Licht, das niemals erlosch. Sanfte Glockenschläge begleiteten seine Träume und das Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während der nächtliche Schneefall draußen die Welt einhüllte.



