Das Fahrrad zum Leuchtturm
An einem warmen Sommertag, als die Sonne golden über den feinen Sand im kleinen Küstenort schien, machten sich Kira und Janne bereit für ein großes Abenteuer. Sie wollten mit ihren Fahrrädern zum Leuchtturm fahren, der am Ende des langen Deichwegs auf einer kleinen Anhöhe stand.
Die Luft roch salzig vom Meer, und ein sanfter Wind brachte das leise Rauschen der Wellen mit sich. Kira, die älter war und immer genau wusste, wohin es gehen sollte, überprüfte noch einmal ihre Landkarte. Janne, der gerne zwischendurch anhielt, um die Gänseblümchen am Wegesrand zu beobachten, schnallte sich seinen kleine Rucksack um. „Bereit zum Abflug!“, rief er fröhlich.
Oma Nita winkte ihnen vom bunten Gartenzaun fröhlich nach. „Fahrt vorsichtig, Kinder, und bringt mir ein schönes Muschelstück vom Strand mit!“, rief sie und lächelte warm.
Der Weg war lang und schmal, voller kleiner Kurven und Überraschungen. Links und rechts sahen sie weite Felder, die sich bis zum Horizont erstreckten, wo Möwen in der Ferne flogen.
„Siehst du den Leuchtturm schon?“, fragte Janne und trat fest in die Pedale. Kira neigte den Kopf zur Seite und kniff die Augen zusammen. „Noch nicht, aber ich weiß, dass jeder Tritt uns näher bringt,“ sagte sie bestimmt.
Der Deichweg führte sie über sanfte Hügel, vorbei an summenden Bienen und zwitschernden Vögeln. Die Sonne wärmte angenehm ihre Rücken, während sie stetig weiterfuhren. Ab und zu hielten sie an, um die Aussicht zu genießen oder einen Schluck Wasser zu trinken. Dabei hörten sie den Klang der Wellen, der rhythmisch wie ein Herzschlag des Meeres klang.
Die Kinder lachten und riefen sich Geschichten zu, während sie die kleinen Steinhäuser mit ihren roten Dächern hinter sich ließen. Janne entdeckte einen Grasfrosch, der am Wegrand hockte, und sie hielten an, um ihn neugierig zu beobachten. Doch immer wieder erinnerte Kira: „Weiter zum Leuchtturm! Wir schaffen das.“
Plötzlich zog eine Wolke auf, die die Sonne verbarg, und eine kühle Brise ließ sie kurz frösteln. Janne runzelte die Stirn. „Meinst du, wir sollten umkehren?“
Kira schüttelte energisch den Kopf. „Nein, Janne. Manchmal verstecken sich Ziele hinter einer Wolke. Wenn wir weitermachen, finden wir die Sonne dahinter.“
Und so fuhren sie weiter, ließen sich nicht entmutigen. Bald schon kam die Sonne mit all ihrer Strahlkraft zurück und beleuchtete den Deichweg in einem Spiel aus Licht und Schatten.
Nach einer Weile erblickten sie den hohen Turm mit seiner rot-weißen Kuppel am Horizont. Er leuchtete hell entgegen dem Blau des Himmels.
„Da ist er, Janne!“ rief Kira mit glänzenden Augen. Janne nickte staunend. „Das ist der schönste Leuchtturm, den ich je gesehen habe!“
Mit der neuen Energie auf den Pedalen rollten sie den letzten Wegabschnitt hinunter, bis sie schließlich die kräftigen Füße ihrer Räder auf dem sandigen Boden des Leuchtturms stoppten. Sie stiegen ab und bewunderten die riesige Struktur vor ihnen, die so viel ruhige Kraft ausstrahlte.
Mit einem kleinen Picknick machten sie es sich am Fuße des Leuchtturms gemütlich, während die Wellen am Strand sanft vor sich hin rollten. Oma Nitas Wunsch hatten sie nicht vergessen, und sie sammelten geschliffene Muscheln, die sie als Geschenk mitbringen wollten.
„Manchmal, wenn man müde ist, denkt man, die Reise wird nie enden,“ sagte Kira und biss in einen saftigen Apfel, „aber dann merkst du, du bist näher am Ziel als du dachtest.“
Janne nickte. „Und jeder Tritt auf dem Fahrrad bringt einen ein Stück weiter.“
Die Sonne begann langsam, den Himmel in ein warmes Orange zu tauchen, während die beiden den Ausblick genossen und langsam die Rückfahrt antraten.
Zurück zuhause half Oma Nita, die gesammelten Muscheln zu einer wunderschönen Kette zu basteln, ein Andenken an diesen unvergesslichen Tag.
Als die Nacht schließlich hereinbrach, legten sich Kira und Janne voller Zufriedenheit ins Bett und schliefen mit dem sanften Summen des Windes im Ohr ein. Und irgendwo hinter den geschlossenen Lidern wachte der Leuchtturm. „Jede Reise beginnt mit einem ersten Tritt,“ murmelte Kira im Schlaf, „und endet mit einem Lächeln.“




