Die Bank im weißen Park
Der Park war in Weiß gehüllt. Der Teich vor Ella lag regungslos, eine vollständig zugefrorene Fläche, von der nur gelegentlich der Hauch des eisigen Windes hinwegstrich. Die Bäume, entblößt von Blättern, schienen in ihren geraden Linien den Himmel zu zeichnen, wetteifernd mit dem gleichförmigen Grau über ihnen. Ella saß auf der alten Holzbank. Die Kälte, die durch die Holzlatten in ihren Körper sickerte, wirkte beruhigend, fast tröstlich.
Jeder Atemzug wehte kleine Wolken aus Dampf in die Luft, die sofort von der winterlichen Kälte verschluckt wurden. Sie zog ihren Schal enger um den Hals und starrte gedankenversunken auf den stillen Teich. Hier, in dieser Kälte und Stille, fühlte sie, wie sich die Gedanken in ihrem Kopf ordneten. Jeder Gedanke, jede Erinnerung trat klar heraus, kristallklar und ungetrübt.
Wintertage wie dieser schienen nie enden zu wollen, und doch war das genau das, was sie brauchte. Ein Tag, der sich in die Länge zog, genug, um sich selbst zu hören und zu verstehen. Die Eintönigkeit des Himmels, das einheitliche Weiß des Schnees – alles schien dazu gemacht, ihre Seelengedanken zu sortieren.
Ein Vogel flog über ihren Kopf, seine Flügelbewegungen ein leises Flüstern im Wind. Er brach die Stille nur für einen Moment und ließ sie dann wieder einbrechen wie frischer Schnee, der glatt alle Spuren verwischt. Sie dachte an die Zeiten, als dieser Park voller Leben und Geräusche war, voller Lachen und Stimmen, und wie anders es sich jetzt anfühlte.
Gedanken an Vergangenes mischten sich mit dem Hier und Jetzt. Erinnerungen an Momente, die sie hätte anders erleben wollen, Worte, die sie nie gesagt hatte, und Entscheidungen, die sie bereute oder begrüßte. Doch hier, auf dieser Bank, wurden sie zu ruhig fließenden Bächen, die langsam in eine größere Einsicht abflossen.
Vielleicht war das der Grund, warum sie immer wieder hierherkam – um den Lärm der Welt von sich abfallen zu lassen, um den Reichtum der Stille zu genießen. Sie schloss die Augen und lauschte der Umgebung. Nichts und alles schien da zu sein. Eine seltsame Erfüllung durchdrang sie.
Ein leises Knistern weckte sie aus ihrer Meditation. Ein junger Mann, ganz in Schwarz gekleidet, spazierte den Weg entlang. Seine Schuhe hinterließen knirschende Spuren im Schnee. Ella beobachtete ihn sekundenlang, bevor er in einer anderen Wegekurve verschwand. Eine Begegnung, still und unbemerkt. Sie waren beide hier, suchend und dabei findend.
Momente vergingen ungezählt. Schließlich erhob sich Ella von der Bank. Der Himmel begann leichte Flocken zu senden, die verspielte Flüge vor ihren Augen vollführten. Sie zog tief die kalte Luft ein, die Brust hob sich mit neuer Leichtigkeit.
Langsam kehrte sie dem Park den Rücken zu und ging zurück durch den Schneepfad, während die Welt um sie herum langsam in den Abend überging. Hinter ihr verharrte die Bank in schweigender Gesellschaft mit dem Teich, bereit, auch die nächsten suchenden Seelen zu empfangen. Und Ella wusste, es war in Ordnung, das Alleinsein zu umarmen.




