Die Brücke aus Schneelichtern
Am Rand des kleinen Flusses, der im Winter stets von einer dünnen Eisschicht bedeckt war, standen Mara und Fynn. Sie spürten den kalten Wind, der sanft auf ihren Gesichtern kitzelte, und hörten das leise Knirschen des Schnees unter ihren Stiefeln. Der Abend war nah, und die ersten Sterne blitzten am klaren Himmel auf.
„Schau mal, Mara“, sagte Fynn und zeigte auf die grobe, hölzerne Brücke, die den Fluss überquerte. „Stell dir vor, sie könnte leuchten. Eine Brücke aus Licht!“ Mara blickte mit großen Augen auf die Brücke und überlegte, wie magisch das sein könnte.
In diesem Moment kam Herr Adler vorbeigeflogen. Er war ein ehrwürdiger, alter Vogel mit großen, weisen Augen, die viel gesehen hatten. „Ihr zwei“, krächzte er freundlich, „was habt ihr vor?“
„Wir wollen die Brücke leuchten lassen“, erklärte Mara. „Damit sie auch im Dunkeln strahlt.“ Herr Adler nickte verstehend. „Kleine Lichter im Dunkeln können große Wunder wirken“, sagte er und landete sanft auf einem nahen Baumzweig.
Mara und Fynn eilten nach Hause, um alle Gläschen zu sammeln, die sie finden konnten. Sie brachten sie hinunter zum Fluss und begannen eifrig, kleine Kerzen darin zu entzünden. Einer nach dem anderen stellten sie die Lichter auf die Brücke. Die Flamme der Kerzen zitterte nur leicht im kalten Abendhauch.
Als die Dämmerung in die Dunkelheit überging, war die Brücke von einem warmen, sanften Licht erfüllt, das über das Wasser tanzte und funkelnde Muster auf das Eis zeichnete. Fynn und Mara standen Arm in Arm und staunten über ihre eigene kleine Welt voller funkelnder Schneelichter.
In der Ferne hörten sie das sanfte Rascheln der Bäume und das leise Plätschern des Flusses unter dem Eis. Der Duft des Wachses mischte sich mit dem winterlichen, frischen Geruch des Schnees.
Nach einer Weile näherten sich andere Dorfbewohner, angelockt von dem seltsamen, warmen Leuchten. Sie blieben stehen und lächelten, als sie sahen, was Mara und Fynn geschaffen hatten. Eine Brücke aus Licht. Unwillkürlich fassten sich die Menschen an den Händen, spürten die Ruhe und Wärme des Moments.
Herr Adler sah von oben zu und seine Augen blitzten im Licht der Kerzen. „Sehr gut gemacht, ihr beiden“, flüsterte er. Und obwohl seine Worte vom Wind fortgetragen wurden, spürten Mara und Fynn seine Anerkennung.
Als die Nacht tiefer wurde, tauchten Schneeflocken auf und umspielten die Gläser. Die Lichter strahlten weiterhin. Der eisige Fluss trug ihren Schein bis weit über die Felder hinaus. Mara und Fynn wussten, dass die Brücke aus Schneelichtern noch viele Nächte lang Menschen über den Fluss hinweg verbinden würde. Ein heller Funken in der Dunkelheit des Winters.
„Licht verbindet über den Fluss“, sagte Mara leise. Und in diesem Moment war alles, wie es sein sollte. Die Gläser glänzten, die Lichter funkelten, und die Brücke aus Schneelichtern erstrahlte im ruhigen Schimmer des friedlichen Winters.




