Die Expedition zum vergessenen Schlitten
Es war ein frostig-klarer Wintermorgen im kleinen Dorf am Fuße des schneebedeckten Berges. Die letzten Schneeflocken tanzten leise vom Himmel und legten eine glitzernde Decke über Häuser und Bäume. Drinnen, im warmen Wohnzimmer, sprangen Hanna und Ben aufgeregt um ihren Opa Emil herum.
„Opa, erzähl uns noch einmal von dem alten Schlitten!“, rief Ben, dessen Augen vor Abenteuerlust funkelten.
Opa Emil, ein freundlicher Mann mit einem schneeweißen Bart, lächelte breit. „Ach, der Schlitten!“, sagte er mit einer Stimme, die wie heißer Kakao klang. „Der war der schnellste im ganzen Dorf! Aber seit Jahren steht er in der alten Scheune und wartet auf eine neue Fahrt.“
Hannas Nase zuckte neugierig. „Können wir ihn holen? Bitte, Opa!“
„Na gut“, sagte Opa Emil mit einem Augenzwinkern. „Aber es ist ein langer Weg durch den Schnee. Zieht euch warm an!“
Mit dicken Jacken, Mützen und Fäustlingen bewaffnet, stapften sie durch den Garten. Der Schnee knirschte leise unter ihren Stiefeln, während die drei in Richtung der verlassenen Scheune marschierten. Der Wind wirbelte flauschige Flocken um ihre Nasen, und die kalte Luft roch nach Kiefern und leichtem Rauch von entfernten Kaminen.
„Schau mal, Opa“, rief Hanna und deutete auf die kleinen Spuren im Schnee. „Kaninchenfußabdrücke!“
„Die führen auch zur Scheune“, ergänzte Ben begeistert.
Als sie die alte Scheune erreichten, fiel das warme Licht durch die schmalen Ritzen im Holzwand. Eine Stille umgab das alte Gebäude – nur das leise Knistern der Eiszapfen war zu hören.
„Hier drin hat sich ja nichts verändert“, murmelte Opa Emil, während sie eintraten. Staub tanzte in den Sonnenstrahlen, die durch die Fenster drangen. Die vertrauten Gerüche von trockenem Heu und altem Holz füllten den Raum. Dort, in einer Ecke, halb von einigen Truhen verdeckt, entdeckten sie ihn schließlich – den alten Schlitten.
Hanna klopfte vorsichtig den Staub von den Kufen. „Er sieht aus, als wäre er geradezu bereit für ein neues Abenteuer, Opa!“
„Das ist er auch“, sagte Opa Emil, den Glanz der Erinnerung in seinen Augen. „Wollen wir sehen, ob er noch so schnell ist wie früher?“
Freudestrahlend holten sie den Schlitten ins Freie. Sie spürten die kalte Brise auf ihren Wangen, als sie den flachen Hügel hinabliefen, der an die Scheune grenzte. Der Schnee kochte leise unter den Kufen, als der Schlitten wieder zum Leben erweckt wurde.
In der Abenddämmerung, als der Himmel in sanften Farben glühte und die letzten Sonnenstrahlen ihre Gesichter streichelten, fuhren sie in rasantem Tempo den Hang hinunter. Lachend hörten sie den Wind singen und das entfernte Echo ihrer Freude.
Zurück im Haus, hielt Hanna Opa Emils Hand fest. „Danke, Opa. Das war der schönste Tag im Schnee.“
Opa Emil lächelte auf seine besondere Art, die Wärme und Geborgenheit ausstrahlte. „Weißt du, manchmal braucht es nur ein bisschen Mut, alte Erinnerungen zum Leben zu erwecken.“
Behaglich eingekuschelt in warme Decken, schliefen Hanna und Ben später ein, während der Wind ein sanftes Schlaflied an die Dachfenster sang. Sie träumten von neuen Abenteuern mit dem alten Schlitten, denn manches Alte erzählte immer wieder neue Geschichten.




