Die Schneelaterne am Balkon
Als der Winter die Stadt in eine glitzernde Decke aus Schnee hüllte, kletterte Alexis neben ihrer Mutter Sanza mühsam durch die frostige Kälte auf ihren Balkon. Der Innenhof lag still da, umgeben von den großen, alten Mauern der Häuser, die sich wie schützende Arme um die kleine Gemeinschaft schlossen.
„Heute ist der perfekte Tag für unsere Schneelaterne“, meinte Sanza lächelnd und sah zu Alexis hinunter. „Glaubst du, Herr Blum schaut später vorbei?“
Alexis nickte und kramte in der Kiste neben der Balkontür. Dort waren die kleinen Weihnachtslichter, die jedes Jahr ihre Schneelaterne erstrahlen ließen. Behutsam begannen Mutter und Tochter, einen großen Schneeball auf dem Boden zu rollen, bis er so groß war wie ein kleiner Tisch. Mit behutsamen Bewegungen formten sie eine Laterne daraus, schnitzten Muster in das kalte Weiß, die im sanften Licht der Umgebung aufleuchteten.
Das Funkeln darauf erinnerte an das klirrende Klingen der Eiszapfen, die von den Fensterrahmen der Nachbarn hingen. „Ich glaube, es riecht nach Weihnachten“, flüsterte Alexis, als sie sich den leuchtenden Kranz um die Schneelaterne verstärkte. Ein Hauch von Zimt und Nelken wehte aus einem der Küchenfenster hoch.
„Vielleicht backt Herr Blum seine berühmten Lebkuchen“, lachte Sanza, während sie die letzten Glühbirnen an das solarbetriebene Lämmchen in der Schneelaterne anschlossen.
Ein leises Knarren kündigte das Öffnen der Balkontür von Herrn Blum an. Der alte Nachbar trat heraus, sein Bart voller weißer Tupfen, als er freundlich zu ihnen hinüberwinkte. „Jedes Jahr aufs Neue ein kleines Wunder, wie ihr eure Laterne gestaltet“, rief er, und seine Stimme war klar wie die Abendluft.
Gemeinsam bewunderten sie ihre Kreation, während der Hof in gedämpftem Lichterschein erblühte. Die Schneelaterne schimmerte hell und ließ die Schatten auf den Wänden tanzen, während die Lichter von der dunklen Decke des Innenhofs reflektiert wurden.
„Weißt du, Alexis“, sagte Sanza leise, während sie an ihrer Teetasse nippte, „jeder Lichtpunkt hat seine eigene Geschichte. Genau wie die Menschen, die hier leben.“
Alexis spürte die warme Umarmung der ruhigen Nacht um sich herum. Ihre Augen wurden schwerer, als sie auf dem Sofa ihrer Mutter anlehnte.
Herr Blum teilte freimütig seine neuesten Abenteuer, von seinen Reisen in wärmere Zeiten erzählend. Seine Geschichten glommen warm im Innern des kleinen Kreises, den sie bildeten. Alexis lauschte und ließ sich von den Erzählungen forttragen, während der Schnee um sie herum sanft im Wind tanzte.
„Jetzt aber ab ins Bett“, meinte Sanza irgendwann sanft und strich ihrer Tochter eine Strähne aus dem Gesicht. Mit einem letzten Blick auf die Schneelaterne, die inzwischen die gesamte Dunkelheit durchbrach, verabschiedeten sich Alexis und Sanza von Herrn Blum.
Im warmen Schein der Schneelaterne, die über dem Balkon wachend blieb, träumte Alexis von großen Abenteuer und winzigen Schneekristallen, die in der Nacht leuchteten. Im Haus ringsum wurde es still, doch die Herzen der Nachbarn waren wie die kleine Laterne: warm und voller Licht.
In dieser friedlichen Winterstille fand Alexis den Schlaf, während die Schneelaterne auf dem Balkon sanft weiterleuchtete, ein grießendes Licht ausstreuend, das die Kälte der Nacht erwärmte.


