Die Spur im Kornfeld
An einem besonders warmen Sommertag beschlossen Lilli und ihr Bruder Moritz, mit ihrer verspielten Hündin Tilda einen Spaziergang zu machen. Die Sonne schien hell, und eine sanfte Brise ließ die goldgelben Halme des Kornfelds wie eine riesige, geschmeidige Decke tanzen.
„Schau mal, Lilli“, sagte Moritz und zeigte auf eine unebene Stelle im Kornfeld. „Das sieht aus wie eine Spur!“
Lilli, neugierig wie immer, kniff die Augen zusammen. „Aber wer könnte das gewesen sein?“
Tilda bellte freudig und lief in Richtung der markanten Stelle, ihre Nase nah am Boden. Sofort folgten die Geschwister ihr zwischen den hohen Halmen hindurch, tief in das Kornfeld hinein.
Es duftete nach Sommer und frischem Korn, und die Sonnenstrahlen fühlten sich warm auf der Haut an. Ab und zu hörten sie einen leisen Windhauch und das Summen der Bienen, die von Blüte zu Blüte flogen.
„Ich glaube, es sind Tierpfoten“, stellte Moritz fest, nachdem er sich die Spuren genauer angesehen hatte.
„Kann sein“, sagte Lilli und stellte sich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können.
Tilda, die ganz vorne ging, bellte erneut. Sie hatte ein weiteres interessantes Detail gefunden – kleine Federn lagen verstreut auf dem Boden.
„Vielleicht hat hier ein Tier seine kleine Pause eingelegt“, überlegte Lilli laut, während sie die Federn behutsam aufhob und betrachtete.
Sie folgten der Spur weiter, die sich hinter einer Biegung schließlich in eine richtige kleine Schnee- und Federnlandschaft verwandelte. Tilda schnüffelte aufgeregt und wedelte mit dem Schwanz.
„Sieh nur, hier ist das Scheunentor“, sagte Moritz, als sie am Rand des Feldes ankamen. Das alte Holz der Scheune knarrte leise im Wind, und die Luft war erfüllt von dem beruhigenden Duft von Heu und frischem Holz.
„Vielleicht hat sich das Tier hier versteckt“, flüsterte Lilli und öffnete vorsichtig das Tor, das mit einem leisen Quietschen aufging.
Drinnen war es kühl und dunkel, und ihre Augen mussten sich an das geringere Licht gewöhnen. Tilda, ganz die aufgeweckte Spürnase, schnüffelte fleißig weiter, während Lilli und Moritz hinten in der Ecke ein kleines Nest entdeckten.
„Oh, schau mal hier, Moritz!“, rief Lilli leise und deutete auf das Nest, in dem sich kleine, flauschige Küken befanden. Sie sahen friedlich und sicher aus, bewacht von einer nahen Taube, die ruhig auf dem Scheunendach saß.
„Also war es eine Taube, die hier ihre Spur hinterlassen hat“, flüsterte Moritz. „Die kleinen Federn führen ins Nest.“
Lilli lächelte breit und sagte: „Gut, dass wir so genau hingeschaut haben. Jetzt wissen wir, wer der Spur gehört.“
Sie beobachteten still den friedlichen Anblick der kleinen Küken, während Tilda zufrieden neben ihnen saß, die Nase ins weiche Heu gebohrt.
Langsam wurde der Abend kühler und das Sonnenlicht tauchte das Kornfeld in ein warmes, goldenes Leuchten. Es war beruhigend und wunderschön.
Lilli und Moritz lehnten sich an die kühle Wand der Scheune, während sie die letzten Sonnenstrahlen genossen. „Ich mag den Sommer“, seufzte Lilli.
„Ja, und es ist schön zu wissen, dass wir helfen können, die kleinen Geheimnisse der Tiere zu entdecken“, ergänzte Moritz lächelnd.
Mit einem Herz, gefüllt mit Vorfreude auf weitere Entdeckungen, traten sie den Heimweg an, die warme Hoffnung im Herzen, dass der morgige Tag wieder ein Abenteuer bereithalten würde.
„Gute Nacht, Lilli“, sagte Moritz leise.
„Gute Nacht, Moritz“, antwortete Lilli und blickte zurück zur Scheune, wo das kleine Taubennest jetzt sicher und geborgen ruhte.
Und so endete ihr Sommertag – ruhig und voller Geheimnisse, die sie in ihren Träumen begleiteten.




