Die Wichtelwerkstatt der Nachbarn
Sina und ihr kleiner Bruder Tom stapften durch den verschneiten Hinterhof. Es war kurz vor Weihnachten, und die Lichterketten an den Bäumen funkelten verspielt im sanften Schein der Straße. Der Schnee knirschte leise unter ihren Stiefeln, während ihre Atemwolken glitzernd in die kühle Luft stiegen.
„Sina, glaubst du, die Wichtel besuchen uns dieses Jahr?“ fragte Tom hoffnungsvoll. Seine Augen leuchteten wie Sterne in der Nacht. Sina lachte leise und wuschelte ihm durch die Haare. „Vielleicht, wenn wir die Wichtel rufen, kommen sie“, sagte sie geheimnisvoll.
Die beiden Geschwister freuten sich darauf, die Nachbarin Roya zu besuchen. Sie hatte sie eingeladen, ihr bei den Vorbereitungen für die große Weihnachtsfeier zu helfen. „Es ist so nett von Frau Roya, uns einzuladen“, sagte Sina dankbar.
Als sie an der Kellertür standen, hörten sie merkwürdige Geräusche, die aus dem Inneren drangen. Es klang, als wären da kleine Knirpse am Werk. Neugierig drückte Sina vorsichtig die Tür auf, und eine warme Welle von frischem Zimt und Orangenduft strömte ihnen entgegen.
„Willkommen, ihr zwei fleißigen Weihnachtshelfer!“ begrüßte Roya sie lachend. Vor ihnen erstreckte sich eine gemütliche Bastelwerkstatt, die mit bunten Girlanden und winzigen Lichtern geschmückt war. Auf den Tischen türmten sich farbige Papiere, Klebstoffflaschen und Bastelscheren, und überall lagen feine Glitzerstaubschichten.
„Wow!“ staunte Tom und spähte mit großen Augen umher. „Es ist wie in einer Wichtelwerkstatt!“ Sina nickte zustimmend. „Genau das ist es!“
Roya zeigte ihnen, wie man kleine Weihnachtsengel aus Stoff basteln konnte. „Wisst ihr, dass jeder von uns ein kleines bisschen Magie in sich trägt?“, fragte sie geheimnisvoll, während ihre geschickten Hände ein Engelchen formten. „Wenn wir etwas mit Liebe basteln, dann teilen wir ein Stück davon mit der ganzen Welt.“
Sina und Tom setzten sich an den Tisch und begannen eifrig mit ihrer Arbeit. Bald waren sie ganz in die kunterbunte Welt der Bastelmaterialien vertieft. Der Kellerraum war erfüllt von leisen Patschelfetzen und dem gelegentlichen Kichern der Kinder.
„Mein Engel hat ein bisschen schiefe Flügel“, kicherte Tom und hielt sein Werk in die Höhe. „Macht nichts“, tröstete Sina ihn. „Er ist einzigartig!“
Roya zauberte köstlichen Kakao und bot ihn ihnen in bunten Tassen an. Während sie nippend die wohlig warme Süße genossen, erzählte sie von Weihnachten in ihrer Heimat, voller Geschichten und Lieder, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden.
Bevor sie sich versahen, waren die Tische mit lauter kleinen, liebevoll gestalteten Engeln bedeckt. Jeder von ihnen hatte ein anderes Gesicht, eine andere Geschichte. Die Kinder bewunderten ihre Werke, und in dem warmen Kellerraum, fernab vom kalten Winterwind, fühlten sie sich geborgen und glücklich.
Roya schaute Sina und Tom mit einem warmen, dankbaren Lächeln an. „Ihr habt hier Wunderbares geschaffen. Könnt ihr fühlen, wie viel Freude und Licht ihr verbreitet habt?“
Sina nickte, überkam von einem Gefühl tiefster Zufriedenheit. „Ja, Roya. Ich glaube, wir können Weihnachten wirklich bauen.“
Auf dem Heimweg im schimmernden Schnee war Tom ganz still. „Ich glaube, die Wichtel waren wirklich da, Sina“, murmelte er, die Hände fest in ihren eingehakt. „Vielleicht sind wir selbst zu kleinen Wichteln geworden“, antwortete Sina leise.
Und während die Sterne am Himmel funkelten und die Lichter der Häuser einen warmen Glanz auf die Straßen legten, fühlte sich die Welt ein bisschen verbundener und heller an. Die Weihnachtszeit, so schien es, lebte in jedem von ihnen weiter.




