Die Wunschflocken über dem Dachboden
Es war eine klirrend kalte Winternacht, als Mira und ihr Bruder Theo sich heimlich auf den Dachboden schlichen. Von unten drang leise das Knistern des Kaminfeuers herüber, und draußen rieselten lautlos die ersten Schneeflocken vom Himmel.
Der Dachboden war ein geheimnisvoller Ort, angefüllt mit alten Koffern, duftenden Kisten und Erinnerungen, die in der Luft zu schweben schienen. Theo trug eine dicke Wollmütze, die ihm fast über die Augen rutschte, während Mira mit der kleineren, aber neugierigen Stirnlampe voranging.
„Sieh mal, Theo! Das Fenster!“ rief Mira leise und deutete auf eine halbmondförmige Öffnung in der Wand. Durch das Fenster sahen sie hinaus in die verschneite Nacht und direkt hinauf in den Himmel voller funkelnder Flocken.
Die Kälte machte sich mit eisigen Fingern bemerkbar, aber der Anblick des Schnees wärmte sie von innen. Theo betrachtete die kleinen, glitzernden Pünktchen ganz fasziniert.
„Was wäre, wenn jede Schneeflocke einen Wunsch tragen könnte?“ fragte er, mehr zu sich selbst als zu seiner Schwester.
Mira lächelte verträumt. „Vielleicht kann sie das ja. Lass uns einen Versuch machen!“
Sie schlossen die Augen und wünschten sich leise. Theo wollte eine Weltreise, während Mira sich einfach wünschte, dass jeder Tag voller Staunen wäre.
Ein sanfter Lufthauch wehte durch das Fenster, und Mira öffnete ein Auge. Die Schneeflocken draußen schienen nun heller zu leuchten und tanzten in einem stillen Ballett.
Manchmal konnte man das sanfte Flüstern des Schnees hören, wie eine geheimnisvolle Melodie, die nur beim Lauschen auf dem Dachboden zu hören war.
„Magisch“, murmelte Mira und drückte sich noch näher ans Fenster. Sie spürte die Wärme ihres Bruders neben sich, eine vertraute Gegenwart in dieser funkelnden Nacht.
Die Minuten verstreichen, und die Geschwister blieben still, eingehüllt in die Decke der winterlichen Nacht. Sie fühlten sich geborgen, während das Haus sanft knarrte und der Schnee die Welt einhüllte.
Plötzlich sagte Theo: „Vielleicht sind ja unsere Wünsche schon wahr.“ Er schaute Mira an und lächelte verschmitzt. „Du wünschst dir Staunen, und ich die Weltreise. An irgendetwas zu glauben, das ist doch schon ein Abenteuer, oder?“
Mira seufzte zufrieden und nickte. „Vielleicht ist das Wünschen selbst schon das Schönste.“
Die beiden verweilten noch eine Weile, bevor sie sich schließlich zurückzogen, die Wangen von der Kälte gerötet und die Seelen voller Ruhe und Träume. Sie wussten, dass die Nacht ihnen etwas gezeigt hatte, das sich nur schwer in Worte fassen ließ. In dieser Nacht waren ihre Herzen voller glitzernder Wunschflocken.
Zurück im Bett, kuschelten sich Mira und Theo unter die federleichte Decke. Der Schnee draußen tanzte weiter, während die Geschwister in den Schlaf sanken, eingehüllt in Dankbarkeit für all die Wunder, die der Winter in sich barg.




