Feierabend auf dem Weihnachtsmarkt
Der Feierabend hatte Klara viel zu spät eingeholt. Die Tage im Büro zogen sich zur Vorweihnachtszeit oft endlos, und heute war keine Ausnahme. Als sie den Platz der beleuchteten Weihnachtshütten betrat, konnte sie ihre Schultern endlich ein wenig lockern. Der Duft von gebrannten Mandeln und Tannengrün umarmte sie von allen Seiten. Hier war sie zuhause.
Nicht weit entfernt erblickte sie Mats, der mit einer Hand in der Tasche lässig an einem Glühweinstand lehnte. Seine Augen blitzten auf, als er sie entdeckte. „Klara!“ rief er ihr zu, seine Stimme fast verloren im Stimmengewirr und dem Lachen der Marktbesucher.
„Mats“, erwiderte sie und lächelte. „Lange nicht gesehen. Wie geht’s dir? Noch im Stress?“
Er hob ein Glühweinglas in ihre Richtung. „Jetzt nicht mehr. Wie wär’s mit einem kleinen Feierabendritual?“
Klara nickte. Der warme Becher passte perfekt in ihre kalten Hände, und der erste Schluck ließ eine Woge aus Zimt und Nelken durch sie hindurchgehen. „Das tut gut“, bekannte sie, während sie gemeinsam einen Platz am Rande des Trubels suchten.
Der Markt war ein Meer aus goldenen Lichtern, in dem ihre Gedanken sanft treiben konnten. Während sie dort standen, begannen sie zu reden. Anfangs über das Offensichtliche: Arbeit, das Wetter und ein gemeinsames Beklagen der Einkaufsmassen, die die Straßen füllten.
Doch bald glitt das Gespräch in tiefere Gewässer. Sie erzählten sich Geschichten aus der Vergangenheit, kleinen Momenten von Erfolg und Frust, die Geheimnisse trugen, die sie bis dahin für sich behalten hatten. Ihre Worte webten eine Verbindung zwischen ihnen, die zuvor unklar, jetzt aber greifbar war.
„Weißt du, ich komme gerne hierher“, sagte Klara leise, während sie eine Schneeflocke von ihrer Jacke wegpustete. „Manchmal fühlt es sich an, als wäre das hier, zwischen all diesen Menschen, der einzige Ort, an dem ich wirklich allein sein kann.“
Mats sah sie an, einen Ausdruck von Verständnis in den Augen. „Ich verstehe, was du meinst. Es ist, als ob die Welt hier stiller wird, obwohl sie gar nicht ist.“
Sie betrachteten die Silhouetten der Stände und die schimmernden Bäume. Ein Schlitten, gezogen von zwei fröhlichen Pferden, zog an ihnen vorbei und hinterließ Spuren von Sternlicht im Schnee.
Ein Windstoß ließ die Lichter in den Zweigen leise knistern, und Mats schloss seinen Mantel fester um sich. „Trink aus“, sagte er mit einem Zwinkern. „Ich spendiere dir noch einen.“
„Nur wenn du versprichst, dass wir nicht über Arbeit reden“, lachte Klara. „Ich möchte heute Nacht von anderen Dingen träumen.“
Mats hob die Hand zum Schwur. „Abgemacht.“
Nachdem sie ihre Becher erneut gefüllt hatten, entdeckten sie eine stille Ecke abseits der Menschenmenge. Hier war die Luft klar, und die Kälte biss in ihrer Reinheit, während das wärmende Glühen aus den Bechern aufstieg.
„Klara“, begann Mats und hielt inne, als wollte er die richtigen Worte finden. „Ich glaube, ich verbringe meine Freizeit bald viel lieber mit dir.“
Erwartet, fast in einem Atemzug gesprochen, doch das Ungewohnte in diesem Moment schenkte Klaras Herz ein schnelleres Schlagen. „Das wäre schön“, antwortete sie ehrlich. Es war dieser Ort, es waren diese Momente der Zwischenzeit, die diese Worte ehrlich und leicht machten, ohne den Schatten des Alltags.
Die Nacht holte sie langsam ein, und der Markt begann sich zu leeren. Doch keiner der beiden verspürte Eile. Während das Gespräch fortdauerte, fand Klara, dass zwischen den Lichtern nicht nur Worte geflossen waren, sondern etwas Tieferes, wie ein unklares Versprechen, sich unaufdringlich zwischen ihnen gelegt hatte.
Schanzen, Gebäude und der lebhafte Trubel verloren nach und nach ihre Bedeutsamkeit. Hier, wo die Worte ihre Verbindung verstärkten, war eine neue Nähe geboren worden.
Die Glocken einer Uhr in der Ferne schlugen zwölf Mal, und die Wärme verlagerte sich allmählich von den Tassen hin zu den Herzen. Klara und Mats gaben die leeren Becher an einem freundlichen Verkäufer ab, der ihnen Nacht wünschte, und schlenderten langsam zurück in die Welt, die außerhalb der Marktlaternen existierte, Seite an Seite.
Und unter den letzten verbliebenen Lichtern fand Klara, was sie nie zu suchen gedacht hätte – eine kleine Gemeinschaft der Herzen.




