Glühwein im Innenhof
Der Firmeninnenhof leuchtete im sanften Glanz tausender kleiner Lichter, die in den kahlen Bäumen und an der alten Backsteinmauer hingen. Die Luft war kalt und frisch, und von einem improvisierten Stand hing der süße Duft von Glühwein schwer zwischen den Gesprächen der Feierabend-Crowd. Mara stand abseits der wärmenden Menge in ihrem warmen Mantel, den sie fest um sich zog, um sich gegen die aufkeimende Kälte des winterlichen Abends zu schützen.
Das Büro leerte sich nach und nach, die Menschen strömten, gleichgültig und doch unabsichtlich fröhlich, Richtung U-Bahn oder nach Hause. Über dem Innenhof hing eine angenehme Ruhe, nur unterbrochen vom gelegentlichen Gelächter, das aus Gruppen von Kollegen drang, die einander Geschichten erzählten, die nur an solchen Abenden verhallt werden konnten.
Mara umklammerte den dampfenden Pappbecher mit Glühwein, während sie die Situation überblickte. Ihr war nicht nach Smalltalk zumute, und sie spielte mit dem Gedanken, sich ins Innere der U-Bahn-Station zu begeben, als Elias an sie herantrat. Sein Lächeln war offen, seine Augen glitzerten genauso wie die funkelnden Lichter über ihnen.
“So allein im Winterwunderland?” fragte er lächelnd, während sie ihn überraschen ansah. Die Wärme seiner Stimme und der freche Kommentar brachen das Eis zwischen ihnen. Mara ließ ihre Reserve fallen, zumindest für diesen Abend.
“Ich genieße die Geräusche“, erwiderte sie schließlich und war überrascht von der Ehrlichkeit ihrer Worte. “Klar, und das Glühweintrinken natürlich auch. Vielleicht ein bisschen vor den E-Mails des Tages fliehen.”
Elias nickte verständnisvoll, als ein Schwall kühler Wind durch den Innenhof fegte und ein paar Schneeflocken erntete, die unter freiem Himmel tanzten. Er zog seinen Mantel enger und drehte sich zu Mara. “Ich habe diesen Innenhof immer gemocht – am Abend kann er ganz anders erscheinen, oder?”
Mara schmunzelte und nickte, während sie einen weiteren Schluck Glühwein genoss. “Es hat etwas Friedliches. Vielleicht sind es die Lichter oder einfach der Gedanke, dass der Arbeitstag endlich vorbei ist. Die Welt wird kleiner und einfacher.”
Sie plauderten weiter, die Verbindung zwischen ihnen wuchs mit jedem weiteren geteilten Satz. Egal ob sie über die Arbeit, das naheliegende Weihnachtsfest sprachen oder die Bedeutung der kleinen Freuden des Lebens debattierten – das Gespräch floss natürlich zwischen ihnen hin und her.
“Weißt du,” begann Elias, als die Menge um sie herum begann, sich zu lichten, “es gibt diesen Moment am Ende des Tages, wo alles was bleibt, ein einfaches Lächeln und ein warmer Gedanke an jemanden ist.”
Mara hielt inne und schaute ihm in die Augen, fasziniert von der aufrichtigen Art, wie er sprach. “Ja,” antwortete sie fast flüsternd, das Herz leicht ergriffen von einem Hauch unerwarteter Zuneigung, “ich verstehe genau, was du meinst.”
Der Schnee fiel sanft und bedeckte den Boden mit einer hauchdünnen Schicht aus Weiß. Die letzten Kollegen machten sich vom Acker, hier und da Abdunstwolken aus warmem Atem in der kalten Luft zurücklassend. Mara und Elias blieben noch ein wenig länger stehen, versunken in ihrem unerwarteten Dialog, beide unfähig und unwillig, die Magie des Augenblicks zu brechen.
„Vielleicht sollten wir uns aufwärmen und dem Innenhof Lebewohl sagen?“, bot Elias schließlich an und deutete auf die Eingangstür, die in das warme Licht des Bürokorridors zu führen schien.
Mara nickte und gemeinsam verließen sie die ruhige Oase. Doch während sie nebeneinander durch die Türen traten, fühlte es sich, zumindest für diesen Abend, schon ein wenig wie Nach-Hause-Kommen an.
An den kalten Abenden möchte man manchmal einfach nur ein kleines Stückchen Menschlichkeit und Wärme finden, und der Glühwein im Innenhof hatte ihnen beides geboten.




