Notizen im Rand des Kalenders
Der schwache Lichtkegel der Schreibtischlampe schwankte leicht, als sich Felix über seine Arbeit beugte. Draußen wirbelten Schneeflocken im leisen Tanz des Windes; die Außenwelt verbarg sich hinter einem frostigen Schleier. Felix hatte sich in seinen kleinen Arbeitsbereich zurückgezogen, der ihm stets als Rückzugsort und als Zentrum seines geordneten Chaos gedient hatte. Der Wandkalender hing unaufdringlich vor ihm, der tägliche Begleiter seiner bemessenen Zeit.
Im Rand des Kalenders, dort wo die Tage unübersehbar vergingen, befanden sich winzige Notizen, Kritzeleien, oft nur Bleistiftflüstern zu nennen. Diese sind Felix’ wahren Gedanken, entwichen irgendwo zwischen den Stundenlaufrädern seines geschäftigen Lebens.
Er sah auf eine dieser Notizen: „Besprechung verschieben“. Er konnte sich nicht erinnern, welche Besprechung es gewesen war. Das Wort „verschieben“ tauchte häufig auf – ein Mahnmal seiner verschleppten Entschlüsse. Eine Hürde der Priorität, die still zu einem Berg aus Ungewissheit wuchs.
Verunsichert fuhr er mit dem Finger über die Kringel einer anderen Anmerkung. „Wochenende mit Anna?“ stand dort, unscharf in der Eile geschrieben. Die Fragezeichen drangen durch den sanften Schein der Lampe wie ein leiser Vorwurf, der aus dem Dunkel des Raumes heranzuwachsen schien.
Felix zuckte mit den Schultern, als seine Gedanken zu ihrer letzten gemeinsamen Zeit zurückflatterten, zu verschwommenen Bildern eines Wochenendes, voller halbfertiger Pläne. Keine Entscheidung getroffen. Wenn Notizen zu offenen Fragen wurden, die keinerlei Antwort gaben.
Er lehnte sich zurück, den Stift in die Hand nehmt, als könnte der kleine Zentimeter Papier, der nächste Tag im Kalender, ihm eine neue Perspektive eröffnen. Was will ich wirklich? fragte er sich. Ohne vorherige Notiz, nur der Versuch, seine wöchentlichen Verpflichtungen gedanklich zu entwirren. >Das sanfte Hauch der Heizung versuchte, die Kehle im Raum zu wärmen und über Brücken von Zerstreuung schließlich eine Antwort zu finden.
Der Raum wurde still, bis auf das leise Summen der Heizung und das gelegentliche Knirschen, wenn der Wind draußen gegen die Hauswand drückte. In dieser Stille war es, als könnte Felix den Faden seiner Gedanken deutlicher hören. Einige der Notizen enthielten Erinnerungen an Erfolgsmomente – die abgeschlossene Präsentation, der zufriedene Kunde. Doch dies alles verblasste vor der Erkenntnis, dass diese Erinnerungen kein Ende hatten, weil sie sich nicht um seine Zufriedenheit kümmerten. Ein Fortschritt, der wenig Gewicht für ihn trug und der unter neuen Verpflichtungen bald verschwand.
Unmerklich glitt eine Stunde dahin. Felix hatte diese nicht bemerkt, wie auch die Notizen, die er schrieb. Sein Geist lachte über den Gedanken, dass Notizen, die die Rahmenhöhe überschritten, am Ende auch den Inhalt füllten. Die Stunden des Lebens am Rand seines Kalenders waren seine, und niemand anderes konnte die Lücken bemessen.
Mit einem leisen Seufzer, gefolgt von einer neu gewonnenen Klarheit der Gedanken, überquerte Felix nochmals die Ränder seiner Notizen. Der Stift gleitete über das Papier mit entschlossener Genauigkeit und hinterließ eine neue Linie dieser Gedanken – nicht als Erinnerung für die Zukunft, sondern als stille Erklärung des Jetzt: „Zeit für mich.“
Die letzte Gestik, der Rhythmus eines jeden Tages, wird von ihm selbst gewoben und an jene Notizen angeheftet, die, solange er dies wünscht, sinnstiftend an seiner Seite wohnen. Der Kalender, sein Kalender, ein leiser Begleiter, ein Zeuge der Balance, die gesucht und gelebt werden kann, wann immer es seine Zeit erlaubt.




