Tee am frostigen Fenster
Ein eisiger Wind fegte durch die Stadt und ließ die Menschen in ihren Jacken verschwinden, während sie hastig über den gefrorenen Asphalt eilten. Mika stand in ihrer Altbauküche, die hohen Decken und knarrenden Dielen gaben dem Raum eine gewisse Erhabenheit. Doch es waren die kleinen Details, die Mika liebte: die Art und Weise, wie das Licht an Wintermorgen durch die Vorhänge schimmerte und die frostige Kälte, die sich auf den Fensterscheiben abzeichnete.
Sie griff nach ihrer Lieblingsteetasse, einer alten, leicht abgeplatzten Keramiktasse, die sie vor Jahren auf einem Flohmarkt entdeckt hatte. Langsam ließ sie das heiße Wasser über die Teeblätter laufen, bis der Duft von Jasmin die Küche erfüllte. Das sanfte Gurgeln des Wasserkessels und das leise Knistern des Heizkörpers waren die einzigen Geräusche neben dem entfernten Heulen des Windes draußen.
Mika zog die Vorhänge ein Stück zurück und setzte sich mit ihrer Tasse Tee auf die Fensterbank. Der Stoff ihres weichen Pullovers schmiegte sich sanft an ihre Haut, während sie die Hände um die Tasse legte und die Wärme in ihnen aufsog. Der Raureif bildete feine Muster auf dem Glas und lud zu gedankenlosen Vergleichen mit den feinen, zerbrechlichen Weben des Lebens ein.
Mit jedem Atemzug ließ sie die drängenden Gedanken an Arbeit und Aufgaben mehr und mehr verblassen. Hier, in diesem kleinen Moment des Friedens, war alles Triviale bei den schmelzenden Rauhreifspuren nebensächlich. Sie betrachtete das Treiben auf der Straße, die Menschen, die ihrer Wege zogen, sich in den Alltag einfügten wie Puzzleteile in eine unendliche Landschaft.
Der Winter hatte die Fähigkeit, alles zu verlangsamen, erinnerte Mika daran, wie wichtig es ist, manchmal einfach zu sein. Ihre Gedanken wanderten zu einer Zeit, als sie noch ein Kind war und im Schnee spielte, die Kälte in den Fingerspitzen, das Gefühl von endloser Freiheit in jedem Schritt durch die frische, unberührte Decke.
Eine kleine Freude keimte in ihrem Herzen auf, eine Mischung aus Nostalgie und Zufriedenheit. Vielleicht war dies die wahre Bedeutung von Selbstfürsorge: die Fähigkeit, in der Einfachheit des Moments Ruhe und Wärme zu finden.
Sie nahm einen Schluck Tee. Der Geschmack war weich, fast honigartig, und wärmte von innen heraus. Mika lehnte sich zurück und ließ den Kopf gegen das kühle Glas sinken, beobachtete, wie eine dünne Schicht an Nebel von ihrem Atem aufstieg und wieder schwand. Es war ein Tanz der Sinne, ein kurzer Augenblick der Ehrfurcht vor der Schönheit des Gewöhnlichen.
Langsam wuchs das Gefühl, dass sie nicht allein sei, sondern Teil eines großen Ganzen, verbunden mit den anderen Menschen da draußen, die in ihre jeweiligen Leben vertieft waren. Obgleich getrennte Wege beschreitend, waren sie doch gemeinsam der Winterkälte ausgesetzt, suchten die gleiche Wärme, die gleiche innere Stille.
Der Tee kühlte etwas ab, und mit ihm kehrte Mika aus ihrem tiefen Gedankenstrom zurück. Sie blinzelte, fast überrascht von der Stille in der Küche, die nun wie eine sanfte Umarmung wirkte. Noch einen Moment genoss sie das Bild des Winters, der auf der anderen Seite des Fensters wütete, bevor sie mit einem ruhigen Lächeln die Tasse abstellte.
Es war Zeit, zurück in den steten Fluss des Alltags zu treten, aber dieser kurze Augenblick am frostigen Fenster, mit Tee und der flüchtigen Berührung von Nostalgie und Ruhe, würde ihr Herz den ganzen Tag wärmen. Mika stand auf, streckte sich und atmete tief ein, bereit für die nächsten Schritte in ihrem Wintertag.




