Wenn die Gedanken zur Ruhe kommen
Das frühe Morgenlicht flutete durch die großen Fenster des Yogastudios und legte sich wie ein sanfter Schleier auf den Holzfußboden. Die Luft war kühl und frisch, mit einem leisen Hauch von Morgentau, der von draußen hereindrang. Nina betrat vorsichtig den Raum, zog die Schuhe aus und ließ ihre Füße den Boden berühren. Sie spürte die glatte Oberfläche unter sich, atmete tief ein und fühlte, wie sich ihre Schultern sogleich entspannten.
Theresa war bereits da und hatte ihre Matte an ihrem Lieblingsplatz, nahe der linken Fensterfront, ausgerollt. Sie saß still und hatte die Augen geschlossen, als ob sie sich bereits in eine andere Welt verabschiedet hätte. Neben ihr lag Trainer Leon, ruhig in seiner Position verharrend, die Hände locker auf seinen Oberschenkeln. Sein Atem war leise und gleichmäßig, fast mit dem sanften Surren der Klimaanlage verschmelzend.
Nina schwieg, als sie sich neben Theresa niederließ. Theresa öffnete kurz die Augen und schenkte ihr ein warmes Lächeln, bevor sie wieder in ihre Meditation sank. Nina richtete sich und schaute auf Leon, der seine Augen gerade in dem Moment öffnete.
„Schön, dass du da bist, Nina“, sagte er leise, seine Stimme war ruhig und einladend. „Lass uns beginnen.“
Der Beginn der Stunde war stets von einer angenehmen Routine geprägt: ein paar Atemübungen, um reflektiert in den Raum zu treten und die Welt draußen hinter sich zu lassen. Leon führte sie sanft durch die Asanas, jede Bewegung bewusst, jede Pose in perfektem Einklang mit einem tiefen Atemzug. Die Morgensonne wanderte weiter, erhitzte den Raum leicht und erfüllte ihn mit einem goldenen Glanz.
Nina horchte auf die Anweisungen von Leon, ließ sich von seiner sanften Stimme führen und fühlte, wie sich die Spannungen des Alltags von ihr lösten. Ihre Gedanken, normalerweise ein lautes Durcheinander, begannen sich zu klären. Sie fokussierte sich auf die Gegenwart, das Hier und Jetzt. Die Achtsamkeit, die Leon predigte, ließ ihren Geist zur Ruhe kommen.
In einer Pause tauschten Nina und Theresa einige Worte. „Wie fühlst du dich heute?“, fragte Theresa, ihre Stimme ein Flüstern im halbbefüllten Raum.
„Es ist erstaunlich“, antwortete Nina. „Als würde sich alles klären. Ich bin einfach nur hier, weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft.“
Theresa nickte verständnisvoll. „Genau darum geht es. Diese Momente definieren unser Sein.“
Als die Stunde endete, blieb Nina noch einen Moment liegen. Die anderen Teilnehmerinnen verließen langsam das Studio, aber sie wollte diesen besonderen Augenblick noch ein wenig auskosten. Neben ihr räkelte sich Theresa in der Stille. Leon trat an ihre Seite.
„Manchmal ist die größte Herausforderung, einfach loszulassen“, sagte er, während er sich zu den beiden Frauen setzte. „Achtsamkeit ist nicht das Streben nach Ruhe, sondern die Akzeptanz der Stille, die natürlich einkehrt.“
Nina nickte und schloss ihre Augen, ein Lächeln spielte um ihre Lippen. Die Stille war nicht mehr bedrückend oder zu durchbrechen, sondern eine willkommene Umarmung. Im Außen sank die Sonne weiter, und sie war bereit, in dieser Gelassenheit fortzuschreiten.




