Wie Anna lernte, wieder an sich zu glauben
Die Morgensonne tauchte das Hochhaus in ein warmes goldenes Licht, das die spiegelnde Glasfassade in einen lebendigen Kunstwerk verwandelte. Anna stand unschlüssig vor dem Eingang und betrachtete ihr eigenes Spiegelbild. Die letzten Monate hatten ihre Spuren hinterlassen. Zweifel nagten an ihr, selbst einfache Aufgaben schienen nun unüberwindbar. Doch heute sollte sich alles ändern.
Im Gebäude vereinte sich das leise Summen der Rechner mit dem gedämpften Klirren der Kaffeetassen zu einer Atmosphäre der Geschäftigkeit. Anna zog die Luft ein und spürte, wie der Duft frisch gebrühten Kaffees ihre Sinne belebte.
Felix, der ältere Kollege, der ihren Mut stets zu erkennen schien, wartete bereits an ihrem Schreibtisch. „Anna, hast du kurz Zeit?“, fragte er, während er sie mit einem freundlichen Lächeln einlud, ihm in den Besprechungsraum zu folgen.
Die gläsernen Wände des Raumes öffneten den Blick auf die Stadt, die unter ihnen erwachte. Felix deutete auf einen der gemütlich aussehenden Stühle. „Anna, ich habe deine Arbeit in den letzten Monaten verfolgt. Du bist hervorragend, aber du zweifelst an dir selbst.“ Seine Worte klangen nicht wie Vorwürfe, sondern wie eine behutsame Aufforderung, sich zu öffnen.
Anna seufzte. „Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich hierher gehöre, ob ich alle Erwartungen erfüllen kann.“
Felix nickte nachdenklich. „Wir alle fragen uns das irgendwann. Aber weißt du, worauf es ankommt? Auf den Glauben an dich selbst und die Kraft der Entscheidungen, die du triffst.“
Er reichte ihr ein kleines Notizbuch. „Vielleicht hilft es dir, deine Gedanken zu ordnen. Halte fest, was dich bewegt, und du wirst erstaunt sein, wie viel in dir selbst steckt.“
Die Blätter des Notizbuches flüsterten leise, als Anna es aufschlug. Und mit jedem Wort, das sie hineinschrieb, fühlte sie, wie sich die Knoten ihrer Beklemmung langsam lösten.
Später am Tag, als die Sonne durch die hohen Fenster des Büros wanderte und lange Schatten an die Wände warf, saß Anna zusammen mit Jana in der Kantine. „Du wirkst anders heute“, bemerkte Jana, während sie ihren Salat umrührte.
Anna lachte leise. „Felix hat mir ein paar Gedankenanstöße gegeben. Ich glaube, ich beginne zu verstehen, dass ich mir mehr zutrauen kann.“
Jana nickte anerkennend. „Du hast so viel Potenzial, Anna. Schau dir an, was du alles schon erreicht hast.“
Den Tag hindurch klammerte sich Anna an diese Gespräche wie an ein Rettungsboot. Sie spürte eine ungewohnte Leichtigkeit, die ihren Schritt beschleunigte und ihr Lächeln verbreiterte.
Als die ersten Sterne am dämmernden Himmel erschienen, sah Anna aus dem Fenster ihres Büros hinunter auf die Stadt. Mit einem tiefen Atemzug ließ sie alle Zweifel los. Das Notizbuch war nun halb voll mit Gedanken und Plänen, jeder Satz ein weiterer Schritt auf ihrem Weg nach oben.
Frühling mischte sich mit Abendkühle, als Anna das Gebäude verließ. Ihre Schritte hallten bestimmt auf dem Bürgersteig wider, jeder Tritt ein leises Versprechen an sie selbst: Sie würde ihren Weg finden, egal wie steinig er manchmal sein würde – und von nun an würde sie an sich glauben.




