Zwei Schuhe, ein Weg
Es war ein Sonntag im Sommer, die Sonne kitzelte die Nasen und ein lauer Wind streichelte die Wiesen im Stadtpark. Maya und Rafi saßen auf der Schaukel, während Brösel, Rafis lebhafter Hund, neugierig um die Rutschen schnüffelte.
„Lass uns zum Brückenpfad gehen!“, rief Maya und sprang von der Schaukel. Ihre Augen funkelten vor Abenteuerlust.
Rafi, dessen braune Haare wie ein Windspiel tanzten, nickte begeistert. „Komm, Brösel!“, rief er und schon flitzte der Hund mit wedelndem Schwanz voraus.
Unter dem Baldachin der blühenden Bäume fühlte sich der Pfad an wie eine geheime Straße. Die Eichen säuselten leise, als ob sie ihnen Geheimnisse zuflüsterten.
Plötzlich blieb Brösel stehen und schnüffelte an etwas Glänzendem im Gras. „Schau mal, ein Schuh!“, sagte Rafi überrascht. „Wer verliert denn einen Schuh auf einem Brückenpfad?“
Maya hob den kleinen, roten Turnschuh auf und betrachtete ihn genau. „Vielleicht braucht jemand Hilfe, ihn zu finden“, meinte sie nachdenklich.
„Hey Maya, was, wenn wir den Schuh zurückbringen? Aber wie finden wir den Besitzer?“, fragte Rafi und kratzte sich am Kopf.
„Lass uns schauen, ob hier in der Nähe jemand nach ihm sucht“, schlug Maya vor.
Sie suchten im Park, beobachteten Familien beim Picknick und Kinder beim Spielen. Doch niemand schien seinen Schuh zu vermissen.
„Vielleicht haben wir draußen auf der Straße mehr Glück“, überlegte Rafi. Brösel bellte zustimmend und hopste neugierig voran.
Auf dem Weg zur Parkausfahrt begegneten sie einer alten Dame, die mit einem Stock langsam spazierte. Ihr graues Haar war so geflochten, dass es aussah wie eine silberne Krone.
„Entschuldigung, haben Sie vielleicht einen Schuh verloren?“, fragte Maya höflich. Die alte Dame lächelte freundlich, „Nein, meine Liebe, aber wie nett von euch zu fragen.“
Der Nachmittag wurde wärmer und die Sonne begann langsam ihre goldenen Strahlen über den Horizont zu streuen. Doch Maya und Rafi waren fest entschlossen, den Schuheinzelgänger zurückzubringen. Plötzlich sahen sie ein kleines Mädchen auf einer Bank näher am Spielplatz, das traurig auf ihren nackten Fuß blickte.
„Schau, Maya! Der Schuh gehört ihr!“, flüsterte Rafi. Gemeinsam gingen sie auf das Mädchen zu, das verzweifelt an ihren Schnürsenkeln nestelte.
„Hallo, bist du auf der Suche nach deinem Schuh?“, fragte Maya vorsichtig.
Das Mädchen nickte bedrückt. „Ja, ich bin beim Fangen spielen gestolpert und auf einmal war er weg.“
Rafi hielt den roten Schuh empor und das Mädchen strahlte überglücklich. „Oh danke! Ihr habt meinen Lieblingsschuh gefunden!“
Das Mädchen zog den Schuh an, sprang auf und drehte sich lachend um, „Ich heiße Lina. Danke, dass ihr euch die Mühe gemacht habt!“
Maya und Rafi winkten fröhlich und machten sich mit Brösel auf den Heimweg. Die Wolken malten rosa und orangefarbige Muster an den Abendhimmel, während der Park sie leise umarmte. Die Frische des Grases unter ihren Füßen ließen sie den ganzen Tag nochmals in Gedanken durchleben.
„Weißt du, Rafi“, begann Maya, während sie durch die letzten Sonnenstrahlen liefen, „Es fühlt sich gut an, zusammen etwas zu schaffen.“
Rafi lächelte und Brösel stupste sie beide mit seiner kalten Nase an der Hand an. „Ja, zusammen kommen wir wirklich weiter.“
Als sie nach Hause schlenderten, erfüllte die Gewissheit, einen Freund gefunden und eine kleine Herausforderung gemeistert zu haben, ihre Herzen mit Wärme und Freude.




